Es gibt so Tage – „wilde Tage“ – an denen nichts so ganz richtig zu sein scheint und man dringend frische Luft, Freiraum und eine Runde durch die „Wildnis“ rund ums Haus braucht! Pija Lindenbaums taffe und zugleich sensible Greta kennt solche Tage. Der Bilderbuchtipp von Andrea Kromoser.
Wir ahnen es seit “Franzsika und die Wölfe” und wissen es allerspätestens seit „Mia schläft woanders“ und „Kommst du spielen, Frida?“ – Pija Lindenbaum ist eine Meisterin in der Darstellung von aussergewöhnlichen, modernen Frauen- und Mädchenfiguren: Sie finden ihre Wege alleine, spielen im Regen, sind kreativ und voller ideenreicher Gedanken (die Mädchen); haben auch mal unrasierte Beine, knutschen in der Küche rum, sind fürsorglich und liebevoll (deren Mütter).
Starkes Mädchen
Mit „Greta haut ab“ kommen nun zwei neue tolle Frauen hinzu: die Protagonistin und Ich-Erzählerin Greta und ihre Mutter. Beide wohnen gemeinsam mit Mamas Freund Jan und dessen Sohn Egon in einem Haus mit Garten, irgendwo in Schweden. Greta plant gerade den Bau neuer Strassen in ihrer Sandkiste, als Mama nach ihr ruft und das Spiel unterbricht. Dann muss Greta auch noch das gute Kleid anziehen und beim Kaffee trinken bei Sylvi und Helen am Kindertisch zuerst Brot vor der Torte essen. Viel braucht es nicht mehr, um die aufgestaute Wut an diesen ohnehin nicht guten Tag zum Überschäumen zu bringen. Entschlossen entscheidet sich das Mädchen für eine radikale Lösung. „Jetzt haue ich ab. Und nie wieder gehe ich zu einem Fest! Ich haue ab mit dem Rucksack und ein paar Sachen. Also gehe ich los. Und sie merken ja gar nichts.“
Fantastische Wildnis
Während Greta in der Szene zuvor noch kinnlange Haare trägt, wächst ihr im Moment dieses Entschlusses eine wilde Mähne. So transferiert Pija Lindenbaum die auf der Textebene ausformulierte Rebellion symbolisch auf die Bildfläche. Das Haar des Mädchens bleibt überbodenlang und nimmt auffällig grossen Raum in den Illustrationen rund um den “Ausflug“ ein.
Wie schon 2002 in „Franziska und die Wölfe“ webt die schwedische Bilderbuchkünstlerin in die Zeitspanne, welche die Mädchenfiguren selbstbestimmt draussen in der „Wildnis“ verbringen, phantastische Elemente inmitten einer ansonsten sehr realistisch gezeigten Geschichte ein. Greta wandert über rosarot eingefärbte Berge an einer in hellem Gold glänzenden Stadt vorbei. Im Fluss, den sie über eine wackelige Holzbretterbrücke zu überqueren versucht, lauert ein pinkfarbenes Ungetüm, das an ein Krokodil erinnert. Wie auch Franziska entscheidet Greta letztendlich auf eigenen Faust und mit selbstbewusster Kraft in ihre vertraute Struktur zurückzukehren. „Jetzt wollen sie mit mir zusammen Strassen bauen. Gut, dass die mal fertig werden.“
Gut, dass Pija Lindenbaum sich traut, Rollenbilder und Stereotype immer wieder aufs Neue lustvoll zu sprengen, um von herzerwärmend wilden, störrischen und echten Mädchen zu erzählen.
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